„Die Vorfreude im Team ist riesig“
Der Countdown zum Coop FIS Langlauf Weltcup Oberhof (19. - 21.01.2024) läuft: Im Interview blickt Andreas Schlütter, Sportdirektor Skilanglauf des Deutschen Skiverbandes (DSV), auf einen bemerkenswerten Saisonstart, die Weltcup-Rückkehr in den Thüringer Wald sowie Herausforderungen und Chancen für die „Skilanglauf-Familie“, die in Oberhof ganz besonders in den Fokus rückt.
Herr Schlütter, vier Wochen Skandinavien liegen hinter der deutschen Skilanglauf-Elite. Gekrönt wurde der erste kräftezerrende Weltcup-Block zweifelsohne von Victoria Carl, die mit ihrem ersten zugleich für einen historischen deutschen Weltcup-Sieg sorgte. Wie zufrieden ist der Sportdirektor Andreas Schlütter mit dem Saisoneinstieg?
Vor dem Weltcup-Auftakt haben wir das letzte Trainingslager in Munio (Finnland) und somit ebenfalls im hohen Norden absolviert. Somit geht für uns ein sehr kräftezerrender, aber auch ein sehr erfolgreicher erster Weltcup-Block zu Ende. Kurzum: Der Saisoneinstieg war grandios. Die Ergebnisse von Vici und nicht zuletzt der sensationelle Weltcup-Erfolg stechen da natürlich heraus. Mit Blick durch die Thüringer Brille konnten sich aber auch Katherine Sauerbrey und Lisa Lohmann von Rennen zu Rennen steigern, wobei es hier noch Reserven gibt. Bemerkenswert waren zudem die Auftritte von Newcomerin Helen Hofmann, die durch eine starke Leistung erneut in die Weltcup-Punkte laufen konnte. Die kurze Weihnachtspause haben sich unsere Sportler redlich verdient, bevor es unmittelbar nach dem Fest mit der Tour de Ski weitergeht.
Vom 19. - 21. Januar 2024 taucht Oberhof nun auch bei den Skilangläufern im Weltcup- Kalender auf. Wie groß ist die Vorfreude?
Die Vorfreude im Team ist riesig, zumal es die Option gibt, dass bis zu sieben Thüringer Athletinnen und Athleten beim Heim-Weltcup an den Start gehen dürfen. Wir beginnen mit den Sprintrennen in der klassischen Technik am Freitag. Am Samstag folgen zwei lange Massenstartrennen in der klassischen Technik auf einer sehr anspruchsvollen Runde, bevor
am Sonntag die Staffelrennen den hoffentlich krönenden Abschluss bilden werden. Auch die U23-Athleten fiebern einem möglichen Einsatz entgegen. Insgesamt ist die Stimmung richtig gut und wir sind dankbar, dass wir die Chance haben, den Weltcup in Oberhof austragen zu dürfen.
Die LOTTO Thüringen ARENA am Rennsteig wurde im Vorfeld der Biathlon-WM umfangreich saniert und modernisiert. Auf was wurde im Zuge der Weltcup-Vorbereitungen aus Sicht des DSV und der Sicht der FIS besonders Wert gelegt?
Wir als Deutscher Skiverband haben darauf wertgelegt, dass die Modernisierung der LOTTO Thüringen ARENA am Rennsteig einen nachhaltigen Aspekt erfährt. Neben dem Biathlon-
Weltcup versuchen wir deshalb auch weitere Großevents, wie eben nun den Langlauf-Weltcup nach Oberhof zu bringen – ein ganz wichtiger Punkt in puncto Nachhaltigkeit. Die FIS war überrascht, welche Möglichkeiten die ARENA bietet. Wichtige Punkte vor Ort waren neben der Homologierung auch das Energie- und Schneemanagement des Thüringer
Wintersportzentrums. Das waren alles Themen, die den Weltverband begeistert haben und letztendlich dafür gesorgt haben, dass der Weltcup zurück in den Thüringer Wald kommt.
Auf was dürfen sich Zuschauer in der LOTTO Thüringen ARENA am Rennsteig freuen und warum lohnt es sich, die Rennen live vor Ort zu verfolgen?
Die Zuschauer und Fans dürfen sich auf ein umfangreiches Programm freuen. Man sollte definitiv die Chance nutzen, sich die Rennen live vor Ort anzuschauen. Die Formate
garantieren spannende Rennen. Zudem gibt es nicht nur ein ansprechendes Rahmenprogramm, sondern auch für die Kleinsten einen FIS Snow Kids Parcours sowie den
Deutschen Schülercup, der es auch den nächsten Generationen ermöglicht, mit der Weltelite in Kontakt zu kommen.
Das Thema Nachhaltigkeit spielt auch im DSV und im Lager der Langläufer eine sehr große Rolle. Welche Ansätze werden mit Blick auf den Oberhofer Langlauf-Weltcup verfolgt?
Das Thema Nachhaltigkeit ist im Skilanglauf enorm wichtig. Die FIS hat unter anderem einen sogenannten Blockkalender erstellt, um allen voran die Reisetätigkeiten einzuschränken und bestmöglich zu minimieren. Nach dem ersten Block in Skandinavien beginnt mit der Tour de Ski der Mitteleuropablock, in dem sich auch Oberhof befindet. Unnütze Reisen werden so vermieden. Zudem wird großer Wert darauf gelegt, dass die jeweiligen Konzepte der Veranstaltungsorte, wie es in Oberhof praktiziert wird, umgesetzt werden.
Bereits beim großen Langlaufwochenende im September – das als zentrale Leistungskontrolle sämtliche Facetten des Langlaufs abbildet – wurde eindrucksvoll bewiesen, dass die „Skilanglauf-Familie“ wächst. Was macht den Langlauf so besonders?
Mit der Herbstleistungskontrolle in Oberhof haben wir jetzt bereits über mehrere Jahre die Langlauffamilie – also Spitzen- und Breitensport – zusammengebracht. Das ist ganz klar auch unser Ziel für den Weltcup. Jeder der laufen kann, kann sich die Skier anschnallen und die Stöcke in die Hand nehmen. Um sich das gute Gefühl nach einer Laufeinheit zu ergattern, muss man definitiv kein Profi sein.
Natürlich steht am Grenzadler die Elite im Fokus. Doch man hat sich hierhingehend auch etwas Besonderes für den Nachwuchs einfallen lassen…
Das stimmt. Der FIS Coop Mini World Cup war eine Idee, die in der Trainerschaft gereift ist, als wir begonnen haben, den Weltcup zu strukturieren. Es ist eine absolute Premiere, dass
man dem Nachwuchs die Chance gibt, im Rahmen eines Weltcups zwei Wettkämpfe zu absolvieren. Am Samstag wird es ein Einzelstartrennen geben, am Sonntag den sogenannten
Technikparcours. Für die Wettbewerbe haben wir eigens einen Bereich im Stadion geblockt – so dass dieses Event für die Jüngsten und deren Familien ein absolutes Highlight werden dürfte. Den Ski-Vereinen wird damit zudem die Chance gegeben, in der Nachwuchsentwicklung den nächsten Schritt zu gehen und auch die Möglichkeiten und Abläufe im Leistungssport vorzustellen. Angebote für Kinder, um sie weg vom Display und in Bewegung zu bringen, sind und werden immer wichtiger.
Das Ehrenamt wird auch beim Coop FIS Langlauf Weltcup Oberhof eine wichtige Rolle spielen. Welchen Stellenwert haben die umtriebigen Helferinnen und Helfer in den
Thüringer Skivereinen?
Ohne das Ehrenamt wäre so eine Veranstaltung nicht realisierbar, schlicht nicht möglich. Ich fand es beeindruckend, wie geschlossen die Thüringer Vereine – darunter arrivierte
Helferinnen und Helfer aber auch viele neue – sich bereit erklärt haben, uns zu unterstützen. Das ist definitiv keine Selbstverständlichkeit.
Besonders erfreulich ist die Entwicklung der Thüringer Sportlerinnen. Beim Weltcup könnten gleich mehrere Lokalmatadoren Weltcup-Luft schnuppern. Wie stehen die Chancen?
Wir haben als deutscher Veranstalter die Möglichkeit, eine nationale Gruppe an den Start zu bringen. In Summe können wir bis zu zwölf Damen und Herren die Möglichkeit für einen Start im Weltcup eröffnen. Wenn die Leistungen stimmen, können dies in Oberhof sogar sieben Thüringer Sportlerinnen und Sportler sein. Das ist natürlich ein enormer Ansporn. Bei den Thüringer Frauen dürfen wir uns auf gleich mehrere Athletinnen freuen. Victoria Carl hat mehr als eindrucksvoll bewiesen, dass sie zur Weltspitze zählt. Aber auch eine Helen Hofmann, Lisa Lohmann und Katherine Sauerbrey werden in der Heimat zeigen, welches Potential in ihnen steckt. Mit Lara Dellit haben wir zudem eine sehr sprint-affine Sportlerin in Thüringer Reihen. Bei den Männern dürften wir mit Jan-Friedrich Doerks rechnen. Bei ihm wird es allen voran darum gehen, Weltcupluft zu schnuppern und sich bestmöglich zu präsentieren.
Weihnachten steht vor der Tür. Welchen Wunsch haben Sie für den Weltcup 2024 in Oberhof?
Neben tollem Winterwetter wünsche ich mir aus sportlicher Sicht eine möglichst gute Performance unserer Athleten. Einen gesonderten Wunsch hätte ich in Richtung der Verantwortlichen im Thüringer Tourismus. Veranstaltungen wie der Langlauf-Weltcup können einen unglaublichen Mehrwert für die Region und deren Attraktivität generieren. Andere Standorte sind uns da mitunter weit voraus. Umso schöner wäre es, wenn wir dies perspektivisch ändern könnten.
Interview: Ronny Knoll